Humanisierung der Arbeit

Am 10. März 2016 unterzeichneten die Sozialpartner des Bausektors ein neues kollektives Arbeitsabkommen Humanisierung der Arbeit (+ Änderung des kollektiven Arbeitsabkommens vom 9. November 2017). Dieses kollektive Arbeitsabkommen tritt am 1. April 2016 in Kraft und ersetzt das bestehende kollektive Arbeitsabkommen vom 10. Februar 2005 über soziale Einrichtungen. Das neue kollektive Arbeitsabkommen wurde der aktuellen Gesetzgebung über das Wohlbefinden angepasst. Der Titel 1 ‘Grundlegende Anforderungen an die Arbeitsstätten' des Buches III des Kodex zum Wohlbefinden bei der Arbeit, ist die Inspirationsquelle des neuen Tarifvertrags. Dieser Titel gilt nicht für zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen, sondern für Arbeitsstätten und Büros von Bauunternehmen

Der Tarifvertrag sieht unter anderem Folgendes vor:

Gemeinsame Bestimmungen

  • Der Tarifvertrag gilt für Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen der Unternehmen, die der Paritätischen Kommission für das Baugewerbe angehören;
  • Der Text des kollektiven Arbeitsabkommens muss an einer für die ArbeitnehmerInnen sichtbaren und zugänglichen Stelle ausgehängt werden;
  • Die sozialen Einrichtungen (Umkleideräume, Essräume, Waschräume, Toiletten, Versorgungsräume) werden in einem oder mehrere völlig von der Arbeitsstätte getrennten Räumen untergebracht;
  • Die Umkleideräume und Waschräume müssen in einem Raum oder in nebeneinander liegenden, miteinander verbundenen Räumen untergebracht werden;
  • Die Anzahl der sozialen Einrichtungen ist abhängig von der Anzahl der gleichzeitig beschäftigten ArbeitnehmerInnen;
  • Wenn Subunternehmer beauftragt werden, trifft der Hauptauftraggeber schriftliche Vereinbarungen bezüglich Installation, Nutzung und Wartung der sozialen Einrichtungen;
  • Der Hauptauftraggeber wird den Subunternehmer benachrichtigen, wenn er die Vereinbarungen nicht oder mangelhaft einhält. Wenn der Subunternehmer dieser Nachricht keine Folge leistet, wird der Hauptauftraggeber selbst – auf Kosten des Subunternehmers – für die Durchführung dieser Vereinbarungen sorgen;
  • Die sozialen Einrichtungen müssen beständig sein gegen klimatische Bedingungen wie Wind, Regen, Schnee, Wärme, Kälte, …;
  • Die sozialen Einrichtungen müssen solide und stabil aufgestellt sein;
  • Die Räume müssen verschlossen werden können und die Tür muss sich nach außen öffnen;
  • Der Arbeitgeber beauftragt eine oder mehrere Personen mit der Wartung der sozialen Einrichtungen;
  • Die sozialen Einrichtungen müssen mindestens einmal pro Tag gereinigt werden nach den Anweisungen über Reinigungsmethoden, -mittel und -produkte des Herstellers;
  • In den sozialen Einrichtungen besteht ein striktes Rauchverbot;
  • Der Standort und Zugang zu den sozialen Einrichtungen werden nach Beratung vom Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarzt festgelegt;
  • Wenn es sich um zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen handelt, müssen der Standort und Zugang zu den sozialen Einrichtungen vom Sicherheitskoordinator in den Sicherheits- und Gesundheitsplan aufgenommen werden;
  • Die sozialen Einrichtungen müssen ab dem Anfang der Bauarbeiten installiert werden;
  • Bei unzureichendem natürlichem Licht müssen die sozialen Einrichtungen mit einer geeigneten künstlichen Beleuchtung ausgestattet werden. Darüber hinaus müssen die sozialen Einrichtungen mit einer ausreichend starken Notbeleuchtung ausgestattet sein;
  • Eine ausreichende und geeignete Feuerschutzausrüstung muss in den sozialen Einrichtungen vorhanden sein;
  • Die ArbeitnehmerInnen sind dazu verpflichtet, die ihnen zur Verfügung gestellten Einrichtungen zu nutzen und die Anweisungen der zuständigen Verantwortlichen zu befolgen.

Umkleideräume

  • Es ist verboten, Essräume in den Umkleideräumen einzurichten oder den ArbeitnehmerInnen zu erlauben, dort zu essen;
  • Die Umkleideräume müssen mit dem geeigneten Material zum Trocknen, Aufhängen und Aufbewahren von Kleidungsstücken ausgestattet sein. Dabei müssen die ArbeitnehmerInnen imstande sein, ihre persönliche Kleidung und ihre Arbeitskleidung getrennt voneinander aufzubewahren;
  • Jeder/jede Arbeitnehmer/in verfügt über zwei Kleiderschränke: einen für die Arbeitskleidung und einen für die persönliche Kleidung. Wenn kein spezifisches Risiko besteht, kann auf Anraten der Kommission für Gefahrenverhütung und Schutz am Arbeitsplatz oder, in Ermangelung dessen, der Gewerkschaftsdelegation, von dieser Bestimmung abgewichen werden. In Ermangelung einer Gewerkschaftsdelegation konsultiert der Arbeitgeber selbst seine ArbeitnehmerInnen. Folglich muss nur ein Kleiderschrank zur Verfügung gestellt werden;
  • Die Schränke müssen individuell sein, aus hartem und abwaschbarem Material bestehen und durch vollständige Zwischenwände getrennt sein. Die Belüftung muss effektiv sein;
  • Jeder Arbeitnehmer muss seine Kleidung während der Arbeitszeit unter Verschluss aufbewahren können.

--> Checkliste Umkleideräume
 

Essräume

  • Die Oberfläche des Essraums muss mindestens 1,50m² pro Person betragen. Die Höhe darf nicht weniger als 2m betragen;
  • Die Essräume müssen mit folgenden Sachen ausgestattet sein: eine ausreichende Anzahl von Tischen und Stühlen oder Bänken mit Rückenlehnen; eine Trinkwasserversorgung; geeignete Einrichtungen, um Lebensmittel aufzubewahren und kühl zu halten und um das Geschirr zu spülen; ein Gerät, um Lebensmittel und Getränke aufzuwärmen; hygienische Einrichtungen für Müll und Abfall;
  • In bestimmten Fällen (extreme Hitze oder Kälte, Arbeitstätigkeiten mit hohem Energieverbrauch, starke psychische Belastung, …) wird nach vorhergehender Beratung vom Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarzt ein getrennter Versorgungsraum – entweder im Essraum oder an einer anderen Stelle – zur Verfügung gestellt;
  • Die Oberfläche des Ruheraums beträgt mindestens 1,50m² pro Person.


--> Checkliste Essräume
 

Waschräume

  • Der Boden muss so beschaffen sein, dass er gereinigt und desinfiziert werden kann und darüber hinaus ausrutschen und fallen vermeidet;
  • Die Wände und Trennwände sind wasserdicht und glatt;
  • Die Waschräume und Duschkabinen für Männer und Frauen befinden sich in getrennten Räumen;
  • Die Waschräume müssen mit folgenden Sachen ausgestattet sein: Wasserzufuhr; ein Abwasserableitungssystem; eine ausreichende Menge Seife; eine ausreichende Menge geeigneter Mittel zum Trocknen;
  • Die Waschbecken können individuell oder kollektiv sein und müssen mit Wasser versorgt werden;
  • In bestimmten Sonderfällen (Behandlung von Reizstoffen, Fettstoffen, verunreinigten Stoffen, …) und auf Anraten des Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarztes müssen die Waschbecken mit Wasserhähnen mit warmem und kaltem Wasser und mit geeigneten Reinigungsmitteln ausgestattet sein;
  • Wenn eine soziale Einrichtung mit fließendem Wasser unmöglich ist, muss ein Wasserspeicher an die Waschbecken angeschlossen werden, um die Wasserversorgung zu ermöglichen;
  • Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmern eine Dusche mit warmem und kaltem Wasser zur Verfügung stellen, wenn:
    • die ArbeitnehmerInnen extremer Hitze oder Kälte ausgesetzt sind;
    • die ArbeitnehmerInnen stark verschmutzende Arbeit ausführen;
    • die ArbeitnehmerInnen gefährlichen chemischen oder biologischen Stoffen ausgesetzt sind;
    • jeder Gruppe von sechs Arbeitnehmern, die gleichzeitig ihre Arbeitszeit beenden, wird eine Dusche zur Verfügung gestellt.
  • Die Duschräumen sind:
    • ausreichend groß, damit sich jeder Arbeitnehmer unter hygienisch vertretbaren Bedingungen waschen kann;
    • mit einer Garderobe oder einem Kleiderhaken und einem Regal ausgestattet, die der trockenen Aufbewahrung der persönlichen Gegenstände erlauben;
    • durch lichtundurchlässige, mindestens 1m90 hohe Wände voneinander getrennt;
    • so angeordnet, dass die Arbeitnehmer nicht ausrutschen oder fallen können;
    • mit einem Boden ausgestattet, der täglich einfach gereinigt und desinfiziert werden kann.
  • ​Die Wassertemperatur beträgt 36°C bis 38°C und die Arbeitnehmer sind keinem Luftzug ausgesetzt;
  • Der Arbeitgeber muss auf Anraten des Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarztes Seife und gegebenenfalls geeignete Reinigungsmittel für die Hände in den Waschräumen oder Duschräumen zur Verfügung stellen;
  • Der Arbeitgeber stellt die Handtücher kostenlos und in ausreichender Menge zur Verfügung, lässt sie regelmäßig waschen und wechseln und verbietet den ArbeitnehmerInnen sie aus den Waschräumen wegzunehmen;
  • An den Waschbecken dürfen die Handtücher durch andere Systeme zum Trocknen der Hände ersetzt werden.

--> Checkliste Dusche
--> Checkliste Waschraum
 

Toiletten

  • Unabhängig von der Art der Arbeit oder der Anzahl der beschäftigten ArbeitnehmerInnen müssen den ArbeitnehmerInnen auf der Baustelle möglichst nah am Arbeitsplatz Toiletten zur Verfügung gestellt werden;
  • Die Toiletten sind völlig voneinander getrennt und durch ein Piktogramm erkennbar. Die ArbeitnehmerInnen müssen sich frei zu den Toiletten begeben können;
  • Der Boden und die Trennwände der Toiletten müssen mit dauerhaften und wasserdichten Materialien bedeckt sein;
  • Pro 15 ArbeitnehmerInnen muss mindestens 1 Toilette und pro 10 ArbeitnehmerInnen mindestens 1 Urinal vorhanden sein;
  • Pro 4 Toiletten oder Urinale gibt es 1 Waschbecken;
  • Jede Toilette muss mit einem Wasserspülsystem, einer abschließbaren Tür und einer wirksamen Belüftung ausgestattet sein.
 

Spezifische Baustellensituationen

1. Soziale Einrichtungen auf kleinen Baustellen

  • Ein Kapitel über spezifische Baustellensituationen wurde eingefügt. Der Text sieht vor, dass „ganz ausnahmsweise”, wegen der kurzen Dauer der Tätigkeiten und der materiellen Unmöglichkeit, die konkreten Anwendungsmodalitäten des kollektiven Arbeitsabkommens einzuhalten, diese Anwendungsmodalitäten für Bauarbeiten von kurzer Dauer und für kleine Baustellen (5 Arbeiter) „angepasst“ werden können;
  • Dies hindert jedoch nicht, dass es immer Einrichtungen (beispielsweise ein kompakter Bauwagen) für die ArbeitnehmerInnen geben muss, um ihnen in der Lage zu stellen, ihre Kleidung aufzubewahren, sich zu waschen oder zu essen, auf die Toilette zu gehen, …
  • Diese (Ausnahme-)Modalitäten müssen jedoch im Voraus dem Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarzt zur Beratung vorgelegt werden.

--> Checkliste Toilette
 

2. Soziale Einrichtungen auf Baustellen mit ortsveränderlichem Charakter oder mit großer geographischer Streuung

Ausnahmsweise können für Bauarbeiten oder Baustellen mit ortsveränderlichem Charakter oder mit großer geographischer Streuung (Straßenbau-, Eisenbahn-, Versorgungsarbeiten usw.), kleine, mobil integrierte, soziale Einrichtungen mit einem Umkleideraum und Essraum verwendet werden.

Für die Gestaltung dieser integrierten sozialen Einrichtungen kann von der Bedingung abgewichen werden, dass der Essraum und Umkleideraum voneinander getrennt sein müssen.

Die Nutzung solcher integrierten sozialen Einrichtungen muss im Voraus dem Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarzt zur Beratung vorgelegt werden.

Dennoch müssen auf diesen Baustellen immer folgende soziale Einrichtungen vorhanden sein:

  • Duschen in der Nähe der Arbeitsstätte oder zentral eingeplant;
  • Standardtoiletten oder Chemietoiletten in der Nähe der Arbeitsstätte.

3. Chemietoiletten – WC-Kabinen

  • Wenn es unmöglich ist, Standardtoiletten in der Nähe der Arbeitsstätte zu installieren, kann man sich bei Straßenbauarbeiten und umfangreichen Baustellen zusätzlich für Chemietoiletten und WC-Kabinen, die den folgenden Anforderungen entsprechen, entscheiden:
    • eine solide Konstruktion
    • ein lichtdurchlässiges Dach und/oder eine Kunstbeleuchtung
    • eine zugfreie Belüftung
    • ein rutschfester Boden
    • ein Toilettenspülkasten mit Wasserspülung
    • eine Trennung zwischen Toilettenspülkasten und Auffangbehälter, mit einem Ventil mit Pedalbedienung ausgestattet
    • ein Urinal mit fließendem Wasser
    • ein Toilettenpapierhalter
    • ein Kleiderhaken
    • ein Mülleimer
    • ein Türschloss
  • Pro 10 ArbeitnehmerInnen gibt es mindestens 1 Kabine;
  • Die Kabinen müssen täglich gereinigt werden, wobei die Reinigungsanweisungen des Herstellers zu berücksichtigen sind;
  • Zu den Chemieprodukten werden übersichtlich gestaltete Sicherheitsdatenblätter mit Angabe der Inhaltsstoffe und der R- und S-Sätze mitgeliefert;
  • Darüber hinaus gibt es im Essraum Toiletten.

--> Checkliste Chemietoilette
 

Getränke

  • Unbeschadet der Bestimmungen des KE vom 4. Juni 2012 über die thermischen Umgebungsfaktoren, werden den ArbeitnehmerInnen kostenlos warme Getränke zur Verfügung gestellt, wenn die Außentemperatur weniger als 5°C beträgt;
  • Darüber hinaus werden auf Anraten des Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarztes und immer, wenn die Außentemperatur das erfordert, den ArbeitnehmerInnen kostenlos gekühlte Getränke zur Verfügung gestellt;
  • Individuelle Trinkbecher, gegebenenfalls Wegwerfbecher, müssen zur Verfügung gestellt werden. Die Verteilungspunkte müssen leicht zugänglich sein;
  • Wenn es eine Trinkwasserversorgung gibt oder an eine Trinkwasserlieferung angeschlossen werden kann und wenn die Arbeit ein hohes Vergiftungs- oder Ansteckungsrisiko beinhaltet oder stark verschmutzend ist, kann der Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarzt die Installation von Trinkwasserbrunnen oder Verteilungspunkten mit Wegwerfbechern für die ArbeitnehmerInnen anordnen;
  • Es ist verboten, alkoholische Getränke anzubieten.

Beratung mit der Kommission für Gefahrenverhütung und Schutz am Arbeitsplatz

  • Für die Anwendung dieses kollektiven Arbeitsabkommens muss jeder Arbeitgeber zunächst die Beratung der Kommission für Gefahrenverhütung und Schutz am Arbeitsplatz oder, in dessen Ermangelung, der Gewerkschaftsdelegation, einholen;
  • In Ermangelung einer Gewerkschaftsdelegation konsultiert der Arbeitgeber selbst seine ArbeitnehmerInnen über die Anwendung der Bestimmungen des kollektiven Arbeitsabkommens;
  • Dies gilt insbesondere für alle Bestimmungen, bei denen die Beratung des Gefahrenverhütungsberater-Betriebsarztes eingeholt wird;
  • Darüber hinaus muss der Arbeitgeber der Kommission für Gefahrenverhütung und Schutz am Arbeitsplatz oder, in Ermangelung dessen, der Gewerkschaftsdelegation, alle Information über die in Zusammenhang mit dem kollektiven Arbeitsabkommen getroffenen Maßnahmen zur Verfügung stellen.

Constructiv

Constructiv ist nicht offiziell anerkannt, um Anlagen, Einrichtungen, … zu genehmigen.  Als Präventionsinstitut des Bausektors raten wir den Arbeitgebern des Bausektors wohl, die Beratung des kollektiven Arbeitsabkommens einzuhalten.

Bei Meinungsverschiedenheiten oder Problemen kann jederzeit den FÖD Beschäftigung, Arbeit und Soziale Konzertierung – allgemeine Direktion Aufsicht auf das Wohlbefinden bei der Arbeit konsultiert werden – E-Mail: tww@werk.belgie.be

Je nach der Situation hat diese Direktion eine beratende, präventive oder repressive Rolle.